Lauch & Order – Das Urteil stand schon vorher fest

Solitranspi vor dem Gericht

Am 10.Oktober 2022 ging eine skandalöse Verhandlung gegen eine Teilnehmende der Gegenproteste zum AfD-Landesparteitag 2021 mit einem absurden Urteil zu Ende. Die angeklagte Antifaschistin wurde ungeachtet ihrer persönlichen Lebensverhältnisse zu 30 Tagessätzen von jeweils 30 Euro verurteilt. Und weshalb soll sie die insgesamt 900 Euro berappen? Weil sie vermeintlich den rechten Lauch Tom Schreiber als „SPD-Nazi“ bezeichnet hätte. Gehört haben dies angeblich drei Cops. Trotz gegenteiliger Beweise reichten ihre Aussagen für eine Verurteilung. Die Verhandlung war ein Paradebeispiel, wie Cops und Justiz Hand in Hand arbeiten. Selbst die dreistesten Lügen aus dem Maul eines Knüppel schwingenden Staatsdieners werden vor Gericht nicht hinterfragt. Und als dann noch Tom Schreiber als Abgeordneter mit starkem Verurteilungwillen auftrat, war es um den vorsitzenden Richter geschehen. Ohne nachzudenken fällte er sein beschämendes Urteil.

Doch die angeklagt Genossin war an diesem beschissenen Tag nicht alleine. Vor Beginn der Verhandlung sammelten sich viele solidarische Supporter*innen für ein Soli-Foto vor dem Gericht. Ausgerüstet mit den Soli-Shirts der „Anti-Lauch-Aktion“ betraten alle den Verhandlungssaal, der bis auf den letzten Platz gefüllt war. Nach einer kurzen Erklärung der angeklagten Genossin, warum es wichtig ist, gegen die AfD zu demonstrieren, ging es los. Doch vor der Lauch-Show waren noch die vier Cops Dede, Quack, Bürger und Gandras der 11. Hundertschaft dran. Der erste erinnerte sich an nichts und gab das auch zu. Die drei anderen erinnerten sich auch an nichts, hatten aber ihre Aussagen feinsäuberlich aufeinander abgestimmt. Alle sagten einstimmig aus, dass die Angeklagte an dem Tag den Name von Schreiber gerufen habe und diesen als „SPD-Nazi“ und „Hundesohn“ bezeichnet hätte. Wegen aller anderen Details der Situation waren sie sich bei ihren kreativen Aussagen nicht mehr ganz so einig. Stand die Angeklagte alleine oder war sie Teil einer Gruppe? Hatte sie ihre Hände „aggressiv“ über dem Kopf oder „wie ein Cowboy“ zu „Pistolen geformt“ und auf Tom Schreiber gerichtet? Standen die drei Cops alleine bei ihr oder waren noch andere Kräfte in der Nähe? Auf all diese Frage gab es sehr unterschiedliche Antworten.

Zum Glück existierte aber ein „untrügliches“ Beweissicherungsvideo. Laut Aussage des filmenden Cops wäre die gesamte Situation auf dem Video zu sehen. Doch was dann abgespielt wurde, hatte mit den Aussagen der Cops nicht mehr viel zu tun. Aggressivität? Fehlanzeige! Auch die Worte „SPD-Nazi“ waren nicht zu hören. Außerdem fiel nie der Name Tom Schreiber, sodass unklar blieb, an wen die Aussage „Hundesohn“ gerichtet war. Die Reaktionen auf das Video hätten unterschiedlicher nicht sein können. Der Verteidiger der Betroffenen erklärte detailliert, warum die Aussagen der Cops unglaubwürdig sind. Doch der Richter war in seinem Glauben an die Unfehlbarkeit der Polizeikräfte nicht zu erschüttern. Er behauptete, dass die Beleidigungen dann wohl vor dem Filmen gefallen wären.

Diese Obrigkeitshörigkeit und autoritäre Staatstreue des Richters zeigte sich schon früher im Verfahren. Nachdem das Smartphone einer „Oma gegen Rechts“ kurz klingelte, zitierte er sie direkt an sein Richterpult. Anstatt es bei einer freundlichen Belehrung zu belassen, nahm er ihr persönlich das Handy ab und schloss es gegen den Protest des Verteidigers in seine Richterstube. Spätestens da war klar, dass mit dem Richter kein Blumentopf zu gewinnen war. Seine Abneigung gegen Linke war genauso offensichtlich wie seine Liebe zu den Vertretern staatlicher Autorität. Und da war Tom Schreiber genau der richtige Partner für ihn. Vor der Aussage des SPD-rechtsaußen-Lauchs wurden die anwesenden Zuschauer:innen noch einmal belehrt, dass sie gefälligst „still sein“ sollen, wenn der Lauch reinkommt.

Schreiber wurde von zwei gelangweilten Justiz-Kaspern aus einem speziellen Zeugenschutzraum in den Verhandlungssaal geführt. Der Auftritt des Lauchs war genauso rückgratlos, wie sein Charakter es erwarten ließ. Er sprach viel, aber sagte wenig. Er betonte, dass er bei „den Linksautonomen“ eine Rolle spiele, „wegen der Rigaer und Liebig“. Statt auf den vorliegenden Fall einzugehen, erzählte Schreiber von anderen Vorkommnissen an dem Tag. Dabei nannte er mehrfach den vollen Namen einer Person, die als Zuschauer schräg hinter ihm im Gericht saß. Er war, als ob Schreiber seine Aussage nutzte, um einen persönlichen Feldzug gegen diese Person zu führen und sie öffentlich zu diffamieren. Der Richter ließ das unkommentiert geschehen. Auf die Nachfragen des Verteidigers gab Tom der Lauch nur ungenaue Angaben. Der Richter unterbrach die Befragung durch die Verteidigung an vielen Stellen, um mögliche entlastende Aussagen von Schreiber zu unterbinden. Am Ende war alles viel heiße Luft. Nicht ein Mal hat Schreiber die Angeklagte wiedererkannt. Vielmehr erklärte er, dass er lediglich von Polizeikräften auf vermeintliche Beleidigungen angesprochen wurde und einfach Strafanträge gestellt hätte. Er wusste nicht einmal, wer was gesagt hätte oder welche Personen genau verhaftet wurden. Die Bezeichnung „Hundesohn“ hatte er nie gehört.

Doch Staatsanwaltschaft und Richter ließen sich von den eklatanten Widersprüchen nicht beeindrucken. In einem wirren Plädoyer stückelte die Staatsanwältin einzelne Aussagen der Cops zusammen und verzettelte sich in ihrem Notizen-Dschungel. Dabei wiederholte sie auch mehrfach durch das Video widerlegte Falschaussagen. Sie schloss mit der absurden Strafforderung von 30 Tagessätzen zu je 30 Euro, weil „SPD-Nazi“ kein „sinvoller Beitrag“ zur öffentlichen Meinungsbildung wäre. Der fundiert begründete Antrag der Verteidigung auf Freispruch ging am teilnahmslosen Richter vorbei. Ohne eine Pause verkündetet er das Urteil und schloss sich dabei voll und ganz der Forderung der Staatsanwaltschaft an. Unter den Beobachtenden kam es daraufhin zu „Pfui“-Rufen und Buhen. Eine Person stand auf und schrie dem Richter ins Gesicht, wie beschämend es ist, dass er einfach den Lügen der Cops glaubt. Daraufhin verließen alle Beobachtenden unter lauten Unmutsbekundgungen den Gerichtssaal. Eine der Person ließ der Richter noch einmal durch Justiz-Angestellte zurückbringen, um ein persönliches Hausverbot auszusprechen. Das war jedoch kaum zu verstehen, weil die verwiesene Person ihn konstant anschrie und von außen gegen die Saal-Tür getreten wurde. Der Wutausbruch war ein kollektives Zeichen gegen den richterlichen Machtmissbrauch. Wir erwarten nichts von den Schergen des Justizsystems. Doch unseren Hass können sie gerne spüren. Vor dem Gericht versammelten sich dann im Anschluss alle Beteiligten noch einmal, um der verurteilten Genossin beizustehen.

Unsere Solidarität wird durch solche ekelhaften Schauspiele nur noch größer. Wir werden wiederkommen und ihre Repression nicht unbeantwortet lassen.

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