Ein AfD-Parteitag und ein toter Neonazi

In Biesdorf beginnt der Aufbau des Zelts für den AfD-Parteitag. Das von der Senatsverwaltung für Finanzen vermietete Grundstück wird von der Firma „German Security“ aus Falkensee bewacht, die enge Verbindungen zur organisierten Kriminalität und zur Neonaziszene hat, insbesondere zur militanten Bruderschaft „Hammerskins“. Pikant: die Firma ist seit 2020 Kooperationspartner der Polizei des Landes Brandenburg.

Clubs, Stadtfeste, Einkaufszentren, Sportevents, Städte und Gemeinden – die Kundenliste von „German Security“ aus Falkensee kann sich sehen lassen. Die 2003 von Christian Hecht gegründete Firma ist ein etablierter Player im Sicherheitsgewerbe in Brandenburg und Berlin. Mit regelmäßigen Kleinspenden an Vereine im Havelland wird das Image aufgebessert, was auch nötig ist, denn immer wieder werden neonazistische Bezüge und die rassistische Arbeitsweise der Firma deutlich, so z.B. als 2016 bei einer Party im Oranienburger „Oranienwerk“ zwei syrische Geflüchtete mit den Worten „nur für Deutsche“ abgewiesen wurden.

Weitaus mehr öffentliche Aufmerksamkeit bekam „German Security“ im September 2017, als man den Schutz für eine AfD-Kundgebung mit Björn Höcke in Potsdam stellte. Beobachter*innen erkannten unter den Mitarbeitern vor Ort den Potsdamer Neonazi Gabor Grett, der den „Freien Kräften Potsdam“ zugerechnet wurde und sich heute im Umfeld der Neonazipartei „Der Dritte Weg“ bewegt. 2008 posierten Grett und Kameraden mit Hitlergruß, Baseballschläger und Macheten. Dank antifaschistischer Interventionen verlor Grett eine Reihe von Sicherheits-Jobs, bei „German Security“ wurde er aber freilich mit offenen Armen empfangen. Kein Einzelfall, wie sich noch zeigen wird.

Für die AfD in Brandenburg und Berlin ist „German Security“ ein verlässlicher und regelmäßiger Partner. Neben der Potsdamer Höcke-Kundgebung wurde die Firma bspw. am 7.11.2018 für eine Veranstaltung mit dem Berliner „Flügel“-Chef und Abgeordneten Thorsten Weiß im „Casa Toro Negro“ in Nauen angeheuert. In Berlin greift der Bezirksverband Mitte von Beatrix von Storch regelmäßig auf die Firma zurück – zuletzt wurde am 27.3.2021 ein Infostand in der Müllerstraße im Wedding von zwei „German Security“-Mitarbeitern bewacht. Auch das Bezirksamt Spandau wird zu den Kunden gezählt, was auf die Zuständigkeit für Facility Management des AfD-Stadtrats Andreas Otti zurückzuführen sein dürfte. Und nun die Landesparteitage bzw. Wahlversammlungen in Biesdorf: ein durchgehender Einsatz über mehrere Wochen, der nach Einschätzung von Beobachter*innen einen mittleren fünfstelligen Betrag in die Kasse spülen dürfte. Geld, das dann wieder teilweise für PR-Aktionen mit Vereinen verwendet wird, die regelmäßig auf Facebook dokumentiert werden.

Legale Strukturen für militante Neonazis

Ebenfalls auf Facebook dokumentiert ist eine Traueranzeige für den „Mitarbeiter, Freund und Kameraden“ Mirco Jäppelt, der Anfang 2021 im Alter von 56 Jahren das zeitliche segnete. Jäppelt ist Berliner Antifaschist*innen schon seit über 20 Jahren ein Begriff. Schon in der ersten Ausgabe des Antifamagazins „Fight Back“ 2001 wurde Jäppelt als Chef der NPD Prenzlauer Berg / Mitte benannt. Ein undatiertes Foto zeigt ihn am Fronttransparent auf einer Demonstration, die der „Blood & Honour“-Führungskader Thorsten Heise organisiert hatte. Seine Schwester Claudia Jäppelt war ebenfalls NPD-Funktionärin und hatte zuvor mit der späteren Berliner NPD-Vizechefin Stella Palau den „Skingirl Freundeskreis Deutschland“ (SFD) aufgebaut.

Mirco Jäppelt, der vor allem in der rechten Hooliganszene des Berliner Fußball Club Dynamo (BFC) organisiert war, unterhielt seit den 1990ern gute Kontakte in die Struktur der militanten Neonazibruderschaft „Hammerskins“. So besuchte er 1996 ein Konzert im Raum Anklam, das den Hammerskins zugeschrieben wurde, und war 1998 Teilnehmer einer Feierlichkeit der Hammerskins in der Nähe von Lüneburg. In der Nacht vom 6.3. auf den 7.3.1999  war er zudem an einem brutalen Überfall auf einen Jugendclub im ostsächsischen Gohrisch beteiligt. Hammerskins aus Berlin und Sachsen waren gemeinsam mit BFC-Hools dorthin aufgebrochen, um eine Auseinandersetzung eines ihrer Kameraden mit Neonazis von den „Skinheads Sächsische Schweiz“ (SSS) zu rächen – als diese nicht erschienen, suchten sie sich willkürlich das Punkkonzert im Jugendclub als Angriffsziel aus. Bei dem Angriff wurden mehrere Jugendliche verletzt.

Zu den Kondolenten auf Facebook gehören alte Bekannte der Berliner Neonaziszene wie Alexander Bahls, ehemals Schlagzeuger der Band „Spreegeschwader„, die sich in den 1990er Jahren im Milieu der Hammerskins bewegte. Bahls selbst gehörte später der Neonazi-Gruppe „Vandalen“ an. Letzte Grüße gab es auch von Timo Eckhardt. Er war einer enger Freund von Jäppelt, gehört bis heute zur rechten Hooliganszene Berlins. Mit Jäppelt und beteiligte er sich ebenfalls an dem Überfall im sächsischen Gohrisch 1999. Vor wenigen Jahren gehörte Eckhardt zudem dem nahen Umfeld von Alexander Bahls und dessen Bekleidungsgeschäft „Herz und Seele“ in Hellersdorf an.

Die von „German Security“ organisierte Trauerfeier soll am 26.6.2021 im Clubhaus des „Lone’s MC“ in Dallgow-Döberitz bei Spandau stattfinden.

Präsident des „Lone’s MC“ ist Heiko Formanowski, der um 2000 Mitglied der Berliner Hammerskins war. Zuletzt konnte er auf der Jahresfeier der Neonazi-Bruderschaft in 2003 in Berlin festgestellt werden, die letztlich durch das SEK aufgelöst wurde. Bilder der Feier zeigen ihn in einem Pullover, auf dem das Erkennungszeichen der Hammerskins gedruckt war: die gekreuten Hämmer, dazu der Schriftzug „Hammerskins Berlin“. Formanowski betreibt heute das Tattoostudio „Inkperium“ im Westend, wo er auch Nazimotive sticht. Auch mit Timo Eckhardt ist Formanowski befreundet.
Im Clubhaus von Formanowskis „Lone’s MC“ fanden in der Vergangenheit bereits einschlägige Veranstaltungen statt. Etwa Konzerte der rechten Oi-Band „Bullenschubser“ aus Berlin und das konspirativ organisierte rechte Oi-Festival „Oi! The New Old Breed“ im Juli 2019, mit Bands wie „Condemned 84“ aus England.

Eine weitere bemerkenswerte Bekanntschaft des „German Security“-Geschäftsführers Hecht tritt auf der Facebookseite der Firma nicht namentlich auf, sondern nur unter dem pathosschwangeren Motto „Tättowierte gegen Krebs“ – Sebastian Kairies aus Wismar, Vizepräsident des Outlaw-MC „Schwarze Schar“, der 2014 verboten wurde. Die Mitglieder der „Schwarzen Schar“ hatten nicht nur durchgehend Neonazihintergründe, sondern begingen neben Prostitution und Drogengeschäften auch schwerste Gewaltverbrechen.

Folgerichtige Zusammenarbeit

Personen aus dem Hammerskin-Milieu und andere Neonazistrukturen, mit denen „German Security“ verbandelt ist, sind für unzählige Gewalttaten bis hin zu Morden verantwortlich. So war der Berliner Hammerskin Norman Zühlke am Mord an Günter Schwannecke beteiligt und auch Thomas Gerlach, langjährig aktiver Hammerskin beim sächsischen Ableger der Neonazi-Bruderschaft, unterhält Kontakte in rechtsterroristische Strukturen. Er zählte zum Unterstützungskreis des „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU).

Die Verbindung der Berliner und Brandenburger AfD zu diesen Strukturen, in denen die „German Security“ eingebettet ist, spricht Bände. Sie reiht sich ein in eine lange Liste, die bekräftigt, dass die Partei der parlamentarische Arm gefestigter, militanter und gar rechtsterroristischer Neonazi-Strukturen ist und diese, am Beispiel des Sicherheitsunternehmens, finanziell unterstützt. Diesen Arm gilt es zu brechen.