Presseerklärungen zum „Stillen Gedenken“ an die NS-Opfer in Marzahn-Hellersdorf

Im Folgenden dokumentieren wir die Presseerklärungen des Organisationskreises des antifaschistischen Gedenkens und der Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten e.V. zum „Stillen Gedenken“ an die NS-Opfer in Marzahn Hellersdorf und dem dortigen Polizeieinsatz am 25.01.2020:

Pressemitteilung “antifaschistisch gedenken”:
Berliner Polizei behindert Holocaust-Gedenken in Marzahn

Einsatzkräfte der Berliner Polizei verhindern am 25.01. ein würdiges Gedenken an die Opfer des deutschen Fachismus auf dem Parkfriedhof Marzahn. Die Polizei versperrte ab 10Uhr den Zugang zum Friedhof. Sie ließ weder die Organisierenden des bezirklichen Gedenkens, als auch Vertreter*innen der Bezirkspolitik oder diverser Botschaften auf das Gelände. Auch rund zweihundert sonstigen Teilnehmende, unter ihnen auch Opfer oder Nachfahren von Betroffenen des deutschen Faschismus, wurde der Zugang verwehrt. Einzig die Vertreter*innen der neofaschistischen AfD wurden unter massiven Polizeischutz vom Hintereingang auf den Friedhof geführt.

Die Partei folgte der offiziellen Einladung des Bezirks. Deswegen gab es mehrere Protestaufrufe gegen ihre Teilnahme: u.a. eine Kundgebung vor dem Parkfriedhof und den Aufruf zu einem „Antifaschistischen Gedenken“, um eine Kranzniederlegung der AfD zu verhindern.

Erst fünfzehn Minuten nach dem eigentlichen Beginn des Gedenkens, öffnete die Polizei die Zugänge zum Friedhof. Zum Gedenken durchgelassen wurden jedoch fast nur offizielle politische Vertreter*innen. Mehrere hundert andere Anwesende wurden durch Polizeiketten und Hundestaffeln brutal an der Teilnahme gehindert. Sie wurden erst nachdem die AfD das Gedenken verlassen hatte zum Denkmal gelassen.

Dazu Tim Reiche, Pressesprecher vom Bündnis „Antifaschistisch Gedenken“: „Es ist eine Schande. Die Berliner Polizei errichtet am 75.Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau Wohlfühlzonen für Neofaschist*innen. Gleichzeitig sperrt sie Vertreter*innen demokratischer Parteien, Antifaschist*innen und Opfer des deutschen Faschismus aus. Hierbei handelt sie offenbar unabhängig von den Veranstaltenden, die ebenfalls nicht auf den Friedhof gelassen wurden. Die politische Verantwortung für den heutigen Tag trägt die polizeiliche Einsatzleitung sowie der Berliner Innensenator Andreas Geisel als deren oberster Dienstherr.“

Presseerklärung der Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten e.V. [Berliner VVN-BdA e.V.], 25.1.2020:
„Stilles Gedenken“ an NS-Opfer in Marzahn-Hellersdorf geht im Polizeihundegebell unter

„Stilles Gedenken“ an NS-Opfer in Marzahn-Hellersdorf geht im Polizeihundegebell unter. Polizei eskortiert AfD zum Gedenkort und schließt NS-Opfer und Nachfahren aus.

Das war kein Stilles Gedenken an die NS-Opfer, das war ihre Verhöhnung!

Das Gedenken an die ermordeten Zwangsarbeiter*innen an der Stele auf dem Parkfriedhof-Marzahn – Einlader*innen war die BVV-Marzahn- Hellersdorf und der Heimatverein – wurde durch die Teilnahme von Vertreter*innen der AfD aus BVV und Abgeordnetenhaus ad absurdum geführt, gestört und entwürdigt.

Die Polizei schleuste in einer von langer Hand geplanten Aktion die Teilnehmer*innen der AfD unter Polizeischutz über einen Nebeneingang des Friedhofs zum Gedenkort.

Den Teilnehmer*innen einer antifaschistischen Kundgebung von VNN-BdA und der Kiezgruppe Marzahn, die vor dem Friedhof mit etwa 150 Personen gegen die heuchlerische und die NS-Opfer und ihrer Nachfahren zutiefst beleidigende Teilnahme der AfD an dem Gedenken demonstriert hatten, wurde zunächst durch die Polizei der Zuritt zum Friedhof verwehrt. Auf der Kundgebung hatte Dr. Hans Coppi, Sohn der ermordeten Mitglieder der Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“ Hans und Hilde Coppi, sein Unverständnis und seinen Schmerz über die Einladung der AfD Ausdruck gegeben und dazu aufgerufen, die Demokratie und das Gedenken gegen Rassist*innen, Antisemit*innen und Neonazis zu verteidigen. Auch Vertreter*innen der demokratischen BVV-Fraktionen mussten zunächst vor verschlossenen Friedhofstoren warten. Erst als die Polizei die AfD-Vertreter*innen zum Gedenkort geleitet hatte – sie waren die ersten Personen, die dort eintrafen – und ihre Hundeführer postiert hatte, wurden die Friedhofstore auch für andere Teilnehmer*innen geöffnet. Am Gedenken konnten trotzdem nur wenige Menschen teilnehmen. Die Polizei blockierte den Zugang zur Gedenkstele und ließ nur ausgewählte Personen passieren. Mehreren überlebenden Naziverfolgten, Angehörigen und Nachkommen wurde die Teilnahme handgreiflich verwehrt, sie wurden teils rabiat zurückgeschubst, als sie an den Polizist*innen vorbeigehen wollten. Die Eltern starben in der Hinrichtungsstätte Plötzensee, die Verwandten im Ghetto Riga, litten im KZ-Ravensbrück, waren in die Emigration getrieben worden– ihre Stimmen waren nicht erwünscht? Antifaschist*innen müssen draußen bleiben?

Wir müssen feststellen, dass es die Organisator*innen des Stillen Gedenkens, die Politiker*innen von Land, Bezirk, Bund und der Heimatverein trotz der Sensibilisierungsversuche im Vorfeld vorzogen, mit der AfD gemeinsam zu gedenken, während Angehörige und Nachkommen von Opfern des Faschismus, interessierte Bürger*innen und Antifaschist*innen ausgeschlossen wurden.

Wir fragen, wer war bei den Organistor*innen des „Stillen Gedenkens“, in der BVV, im Innensenat, und bei der Berliner Polizei für diesen Einsatz verantwortlich? Und wer macht sie verantwortlich?

Wir bleiben dabei – Kein Gedenken an die Opfer der NS zusammen mit der AfD!

P.S: Die AfD wird in den nächsten Tagen an zahlreichen Veranstaltungen teilnehmen wollen – laden Sie sie aus!

Berliner VVN-BdA e. V.

Berlin, den 25. Januar 2020

Quelle: https://berlin.vvn-bda.de/2020/01/pm-25-1-2020-stilles-gedenken-an-ns-opfer-in-marzahn-hellersdorf-geht-im-polizeihundegebell-unter/

 

Fotos: https://de.indymedia.org/node/61514